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Der Klimawandel killt uns
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Der Klimawandel killt uns Eine US-Studie will aufzeigen, warum Schwule und Lesben so gefährdet sind

ms - 23.04.2024 - 10:00 Uhr

Ein Kommentar von Michael Schmucker

Autsch! Es gibt Studien, die interessante neue Blickwinkel auf unsere Community offenbaren können, und dann gibt es Studien wie jene der Universität von Kalifornien (UCLA), für die man sich am Ende doch eher schämen möchte. Nach ausführlicher Untersuchung ist das Williams Institute der UCLA zu der bahnbrechenden Erkenntnis gelangt, dass homosexuelle Paare ein größeres Risiko haben, negative Auswirkungen des Klimawandels zu erleben. Anbei sei die Frage erlaubt: Wie lange ist Kiffen in Kalifornien jetzt schon erlaubt?

Homosexuelle, die wahren Opfer des Klimawandels?

Schock! Da sind wir nach wie vor eine marginalisierte Gruppe und nun auch noch das: Der Klimawandel trifft uns besonders hart. Und Ja, die Forscher meinen das tatsächlich ernst, sie analysierten dafür tausende Daten der letzten US-Volkszählung. Die spannende Frage ist nun natürlich, warum? Was macht das schwule Powerpaar anfälliger für den Klimawandel als ihre heterosexuellen Altersgenossen?

Die Begründung: Homosexuelle Paare leben eher in Küstenregionen oder in großen Städten und diese Areale sind tatsächlich im Durchschnitt stärker vom Klimawandel betroffen als andere Regionen der Welt. In den USA ist das zum Beispiel San Francisco, das Mekka der US-Homosexuellen nebst New York. Einerseits drohen Überschwemmungen, andererseits der Hitzekollaps im Großstadtdschungel. Mehr noch, so die Forscher, ihre Ergebnisse würden wohl noch „untertreiben“, wie dramatisch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gay-Community in der Realität wirklich wäre. Bei künftiger Katastrophenhilfe müsse bitte also künftig außerdem daran gedacht werden, dass Menschen so gerettet werden, ohne dabei aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert zu werden. 

Erst fragen, dann retten 

Wir kennen das ja. Da kommt die Flut, Autos werden wie Spielzeug durch die Straßenschluchten geschwemmt, Bäume knicken wie Strohhalme um und Menschen retten sich auf die Dächer ihrer Häuser oder eben in die höhere Etage eines Hochhauses. Schwimmt dann dem Ertrinkungstod nahe ein anderer Mensch in den Fluten vorbei und wir könnten ihn retten, reichen wir ihm nicht sofort die helfende Hand, sondern rufen ihm aus der Ferne zunächst abklärend zu: „Sind sie schwul oder hetero?“ Wäre das nicht ein toller neuer Film für Roland Emmerich, die perfekte Mischung aus „The Day After Tomorrow“ und „Stonewall“?  

Der arme wohlhabende Homosexuelle

Nüchtern betrachtet mag die Studie im Kern richtig sein, Homosexuelle sind bis zu einem gewissen Grad statistisch gesehen vielleicht in der Tat stärker von den Folgen eines Klimawandels bedroht, allerdings eben deswegen, weil sie es sich dann auch mehrheitlich eher finanziell leisten können, an den schönsten Flecken eines Landes zu leben, direkt an der Küste, gerne mit Blick aufs Meer oder eben in großen Städten mit einer belebten und vielfältigen Gay-Szene. 

Daraus allerdings ernsthaft die Schlussfolgerung als dramatische Nachricht präsentieren zu wollen, gleichgeschlechtliche Paare seien quasi die „größeren Opfer“ beim Klimawandel als andere, ist nicht nur komisch, sondern auch besonders absurd. Als würden wir feststellen, dass Amerikaner durchschnittlich statistisch gesehen stärker vom Erstickungstod nach drei Big Macs betroffen sind als beispielsweise Afrikaner. 

Wie lächerlich wollen wir uns machen?

Vielleicht sollte man aber einfach auch endlich all jenen Millionen Menschen, die in den kommenden Jahren aufgrund von Dürren und Hitze von akutem Hitzetod und Wasserknappheit bedroht sind oder all jenen Inselbewohnern, deren Heimat bald nur noch mit einem soliden Taucherequipment zu erreichen ist, erklären, dass sie sich jetzt bitte nicht so anstellen mögen. Die wahren Opfer sind bitte wir Homosexuellen. 

Das Traurige: Wir Schwulen sind bis heute noch immer eine Gruppe von Menschen, die in der Tat in vielen Bereichen besonders negativ von Entwicklungen betroffen sind, beispielsweise bei der Hasskriminalität oder der Anfeindung von fundamentalen Gläubigen – wir sollten uns deswegen bitte nicht noch anstrengen müssen, in allen Bereichen ein Opfer-Ranking einzuführen und uns an die Spitze zu setzen. Es gibt auch Bereiche, in denn Schwule und Lesben nicht ganz oben auf der Liste potenzieller Opfer stehen. Das sollte uns eher freuen. 

Studien wie jene des Williams Institute indes führen unseren Einsatz gegen tatsächliche Formen der Diskriminierung gegen unsere Community nicht nur ad absurdum, sondern geben Homosexuelle insgesamt auch der Lächerlichkeit preis. Es fällt einfach schwer, das schwule Powerpaar mit doppeltem Einkommen und ihrer Loftwohnung mit Meerblick als die größten Verlierer beim Klimawandel anzusehen. Im Gegensatz zu den Inselbewohnern könnte das betroffene Paar dann auch einfach wegziehen. Von San Francisco also zum Beispiel ins Landesinnere nach Sacramento. Obwohl, Sacramento? Die Gay-Szene ist dort wirklich sehr überschaubar und todlangweilig. So viel Opferbereitschaft kann jetzt wirklich keiner von uns erwarten, oder?

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